Anfang März stellte die Tellur GmbH die Ergebnisse des Projektes "Smart Home & Living Kompetenz-Atlas" Vertretern des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft in Baden-Württemberg vor.
Um Smart Home & Living (SH&L) zu erleben und um sich beraten zu lassen, besuchen potenzielle Nutzer Verkaufsausstellungen, Musterhäuser oder -wohnungen oder suchen eine Beratungsstelle auf. Welche Orte gibt es in Baden-Württemberg, an denen sich Nutzer informieren können und was können sie erwarten, wenn sie diese aufsuchen? Die Antworten darauf zu finden war die Zielsetzung des Projekts Smart Home & Living Kompetenz-Atlas.
Das Themenfeld SH&L ist sehr komplex. Eine Vielzahl von vernetzten Anwendungen aus unterschiedlichen Themenbereichen (z.B. Gebäudeautomation, Sicherheit, Energieeffizienz, alltagsunterstützende Assistenzlösungen), eine Vielzahl von tatsächlich und potenziell beteiligten Branchen, eine Vielzahl von Technologien und Produkten und last but not least eine Vielzahl unterschiedlicher, potenzieller Käufergruppen sind Teil des heutigen und insbesondere künftigen Marktgeschehens im Bereich SH&L. Diese Komplexität ist ein zentrales Hemmnis für die Entwicklung eines Massenmarktes für smarte Lösungen. Eine Konsequenz ist beispielsweise, dass es sehr schwierig ist "Markt-Orte'' neutral und einheitlich zu bewerten. "Markt-Orte'' sind Musterwohnungen, Informationszentren, Beratungsstellen, Verkaufsstellen und Living Labs zum Thema SH&L. Eine fundierte Bewertung ist allerdings sehr wichtig, um eine konsequente Ausrichtung auf eine Zielgruppe sicherzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für Handwerker ganz andere Kriterien eine Rolle spielen als für einen Endkunden. Ein Hersteller auf der Suche nach Partnern stellt wiederum andere Anforderungen. Jede Gruppe bewertet denselben Ort mit völlig verschiedenen Kriterien.
Ziel des Projektes war ein Kompetenzatlas, der einen Überblick über die relevanten Akteure und Orte in Baden-Württemberg gibt. Zunächst wurde ein multidimensionaler SH&L-Kriterienkatalog entwickelt, der es ermöglicht, "Markt-Orte“ auf Basis einheitlicher Kriterien zu bewerten. Durch die Entwicklung eines multidimensionalen Bewertungssystems wurde die Grundlage geschaffen die Bewertung von „Markt-Orten“ zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Das System unterstützt umgekehrt auch die Anbieter in der konsequenten Ausrichtung auf eine Zielgruppe, gibt Entscheidungshilfen bei der Ausgestaltung z. B. von Showrooms oder bei der Erstellung einer leicht verständlichen Liste regionaler Aktivitäten. Parallel zur Entwicklung erfolgte eine Recherche und strukturierte Erfassung von bestehenden Orten in Baden-Württemberg, die einen Beitrag zur Entwicklung des SH&L Markts leisten können. Das Projekt gliederte sich ein zwei zentrale Aufgaben: Zum einen in den Aufbau und der Evaluierung eines Bewertungssystems auf Basis eines umfassenden Kriterienkatalogs und zum anderen in die systematische Erfassung bekannter sowie die Suche und Erfassung weiterer Markt-Orte in Baden-Württemberg.
Entwicklung des Bewertungssystems
Für die Entwicklung des Bewertungssystems wurde der Smart Home-Markt und relevante Studien im Hinblick auf geeignete Strukturierungsmöglichkeiten und eingesetzte Bewertungskriterien analysiert. Auf dieser Basis wurde vom Projektkonsortium eine Systematik der Bewertungskategorien erarbeitet und nach einer ersten Evaluation wurde das Bewertungssystem nochmals verfeinert und überarbeitet.
Als Ansatzpunkt für die Gliederungssystematik wurde die Marktstruktur als primäre Beschreibungsdimension gewählt. Als weitere Dimensionen (Sekundärdimensionen) wurden Technologien, Anwendungsdomänen, Komplexitätsstufen sowie Einsatzorte identifiziert. Unterhalb der Dimensionen wurden weitere Gliederungsstufen (Teilsegmente) definiert. So ist ein strukturierter Kriterienkatalog entstanden, der allen potentiellen Nutzern, vom Experten bis zum Laien, einen 360°-Blick und eine klare Zuordnung von Themen im Gesamtkontext von Smart Home & Living ermöglicht. Der Kriterienkatalog ist damit geeignet, Marktorte zu beschreiben, zu analysieren und zu planen.
Validierung des Bewertungssystems
Für die Validierung des ersten Entwurfs des Kriterienkatalogs wurde ein Interviewleitfaden entwickelt. Dieser betrachtet qualitative Anforderungen wie beispielsweise Korrektheit, Eindeutigkeit, Vollständigkeit und Konsistenz. An der Befragung zum Kriterienkatalogs nahmen 15 von 21 eingeladenen Domainexperten aus ganz Deutschland teil. Mit Hilfe von standardisierten Telefoninterviews wurden in der ersten Phase der Validierung die verschiedenen Dimensionen und Sekundärdimensionen des Kriterienkataloges auf Eindeutigkeit, Konsistenz und Vollständigkeit geprüft. In Phase zwei wurde dann die strukturelle Validierung der Meta-Daten wie beispielsweise die Auswertbarkeit oder Verifizierbarkeit (Messbarkeit) geprüft.
Die in der ersten Evaluation gefundenen Schwächen des erarbeiteten Bewertungskatalogs gaben wertvolle Impulse für die weitere Bearbeitung.
Datensammlung für den Kompetenz-Atlas
Zur Sammlung von Daten über „SH&L Marktorte“ in Baden-Württemberg wurde ein standardisierter Fragebogen auf Basis der erarbeiteten Systematik entwickelt. Dieser wurde an 146 ermittelte Einzeladressen, 17 Multiplikatoren (Verbände, IHKs…) und 35 Wohnberatungsstellen verteilt. Die Rückläufer wurden geprüft und erfasst.
Insgesamt wurden 37 Orte gemeldet, wovon nach Prüfung 35 den festgelegten Kriterien entsprachen und damit offiziell als „SH&L-Marktort“ gewertet werden konnten. Damit ist eine Datengrundlage für einen Kompetenzatlas erfolgreich geschaffen worden. Die vermutete These – das Vorhandensein von ca. 50 „SH&L-Marktorten“ – konnte damit weitgehend bestätigt werden.
Die Evaluation der Strukturierung des Kriterienkataloges bestätigt den Nutzen des Bewertungsschemas. Durch die Anwendung dieses Bewertungsschemas ist es möglich, unterschiedlichen Zielgruppen mit unterschiedlichen Anliegen den für sie passenden Ort zu empfehlen. Der Kriterienkatalog bildet in Umfang und Granularität die Basis für die einheitliche und strukturierte Erfassung und Darstellung von Orten, die für die Entwicklung des Smart Home & Living-Markts in Baden-Württemberg eine zentrale Bedeutung haben. Somit konnte das Projektziel, die Vorbereitungen für einen SH&L-Kompetenzatlas, erreicht werden. Die erarbeiteten Ergebnisse sollten in einem weiteren Schritt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und weitergepflegt werden. Die relativ geringe Zahl an Rücksendungen von Fragebögen bestätigt die dringende Notwendigkeit weiterer Aktivitäten im Themenfeld SH&L.